Das Grubenunglück von Stolzenbach


Gegen 12:30 Uhr am 1  Juni 1988 erschüttert eine heftige Explosion die Braunkohlegrube Stolzenbach. In der rund 170 Meter tiefe explodierte bei Sprengarbeiten Braunkohlenstaub. Mit unglaublicher Wucht wurde das gesamte Grubengebäude zerstört.  Dicke Stahltüren wurden zusammengequetscht, schwere Eisenträger wie Streichhölzer umgebogen. Am Schachteingang flogen tonnenschwere Betonteile hunderte Meter durch die Luft, acht Menschen wurden über Tage schwer verletzt.
51 Männer fanden in der Grube den Tod. Die meisten von ihnen kamen durch giftige Gase ums Leben, die sich bei der Explosion bildeten. In der Grube betrugen die CO-Konzentrationen zum Teil bis zu 19.000 ppm

Es gab 6 Überlebende die man am 4. Juni fand. Sie überlebten in einem kurzen Streckenabschnitt, der von der Grubenexplosion nicht erreicht worden war. Es handelte sich um jene sechs Bergleute, die wenige Stunden nach dem Unglück einen Funkspruch mit ihrer Position im Ostfeld abgesetzt hatten. Um 04:20 Uhr erreichten die Grubenwehren die Überlebenden unter Tage. Um 05:20 Uhr kam der erste Überlebende aus der Grube Stolzenbach nach über Tage. 

Auf dem Land- und Luftwege wurden weitere Grubenwehren aus Hessen, dem Ruhrgebiet, Niedersachsen und dem Harz herangeführt. Von der Ruhrkohle AG aus Essen traf ein Spezialbus mit Rettungsgeräten und einer Gruppe hauptamtlicher Grubenwehrmänner ein. Insgesamt waren von der Hauptstelle für das Grubenrettungswesen in Essen 16 Grubenwehren (einschließlich einer Tauchergruppe und Einsatzleitung) mit insgesamt 127 Trupps  und von der Hauptstelle für das Rettungswesen Clausthal-Zellerfeld 13 Grubenwehren mit 233 Mann im Einsatz.

 

 

 

 

       Der erste Grubenwehrtrupp,  vom Bergwerk Westfalen,  wurde mit einem Hubschrauber eingeflogen

 

 

 

 

                                             Grubenwehr von Minister-Achenbach

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                                                              Eintreffen der Grubenwehr Bergwerk Haus-Aden                        Archiv Horst Wenge

 

 

                                                         Hundestaffel aus Wesel


Nach Aussagen der Grubenwehren hätte es Wochen gedauert, ehe man an die letzten 4  toten Kumpel herangekommen wäre. Bereits kurz nach der Katastrophe war die Staffel Wesel in Alarmbereitschaft versetzt worden. Deren Mitglieder und ihre Vierbeiner hatten Schachterfahrung. In Zusammenarbeit mit der Hauptstelle für das Grubenrettungswesen haben die Rettungshundeführer schon drei Jahre lang in Bergwerken trainiert, Bergwerk Lohberg, Bergwerk Ibbenbüren. Sobald die Grubenwehren in Borken es geschafft hatten, die Kohlenmonoxid-Konzentration unter Tage zu beseitigen, wurde die Hundestaffel in Einsatz gebracht. Unter der Leitung von Heidi Harler fuhren vier Deutsche Schäferhunde, ein Golden Retriever und ein Riesenschnauzer in den Nordschacht der Grube Stolzenbach ein. In 88 Meter Tiefe und bei schlechter Grubenluft wurden die Hunde bereits beim ersten Einsatz fündig. Sie schlugen an zwei Stellen an. Daraufhin fanden die Grubenwehrmänner genau dort, unter anderthalb Metern Berge und Stahlteilen zwei tote Bergleute, die noch in der Nacht geborgen wurden. Am darauffolgenden Tag fuhr die Staffel zum zweiten Mal in die Unglücksgrube ein. Beim weiteren Vordringen mussten Hilfsabstützungen gebaut werden. Klaffende Brüche in der Schachtsohle wurden mit Bohlen ( Holzplanken ) überwunden. Hunde und Hundeführer mussten balancieren, klettern und kriechen. Schliesslich fanden die Rettungshunde auch noch die letzten beiden Opfer. Vor und nach jedem Einsatz, der fünf bis sechs Stunden dauerte, wurden die Hunde ärztlich untersucht.

 

 

 

                                                  Protokoll der Hilfe

Die Hilfe aus dem Ruhrgebiet für die im hessischen Borken gelegene Braunkohlengrube Stolzenbach war selbstverständlich. Schon am Tag der untertätigen Explosion kamen Grubenwehrtrupps aus dem Steinkohlenrevier zum Einsatz. In den folgenden Tagen waren täglich bis zu 18 Grubenwehrtrupps ( je vier Wehrmänner und ein Truppführer ) sowie Gerätewarte, Oberführer und stellvertretende Wehrführer vom Ruhrgebiet ins hessische Borken unterwegs. Rund um die Uhr lösten sie sich bei ihrem schweren Rettungseinsatz direkt vor Ort ab. Über 500 Wehrmänner und davon viele mehrfach, setzten ihr Wissen, ihre Erfahrung und ihre körperliche Einsatzbereitschaft im Kampf gegen die Zeit und gegen die hohen CO-Konzentrationen ein. Insgesamt waren vom 01. Juni bis zum 13. Juni  127 Trupps aus dem östlichen und mittleren Bereich des Ruhrgebiets in Borken im Einsatz.

 

Mittwoch den 01. Juni

In der hessischen Braunkohlentiefbaugrube Stolzenbach in Borken gibt es gegen 13.30 Uhr eine heftige Explosion. 57 Bergleute der Morgenschicht sind betroffen. Die Werksleitung wird vom zuständigen Bergamt Kassel und von Experten der Hauptstelle für das Grubenrettungswesen der Bergbauforschung Essen unterstützt. Noch am Abend des 01. Juni treffen drei Grubenwehrtrupps des Bergwerks Westfalen ( Aalen ) mit dem Hubschrauber in Borken ein. Am Abend ruft die Essener Zentrale der Hauptstelle für das Grubenrettungswesen vorsorglich für die Grubenwehren von Haus-Aden und Monopol Alarmbereitschaft aus. Am Abend des 01. Juni fordert die Hauptstelle auch beim Leiter des Zentrallaboratoriums der BAG Westfalen sofortige Unterstützung an.  Die Proben der Grubenwetter müssen ständig analysiert werden, insbesondere im Interesse der einzusetzenden Grubenwehren. Das Zentrallaboratorium entsendet noch in der Nacht zwei Mitarbeiter mit einer Analysenstrasse nach Borken.

 

Donnerstag den 02. Juni

Früh um 06.00 Uhr werden von der Hauptstelle drei Trupps des Bergwerks Haus-Aden angefordert. Sie sollen um 12.00 Uhr ihre Kollegen in Borken ablösen. Um 09.00 Uhr fahren die Männer, ausgerüstet mit allem erforderlichen Gerät und Material, von Bergkamen los. Im Laufe des Tages fahren noch zweimal je drei Trupps vom Bergwerk Monopol und weitere zweimal drei Trupps vom Bergwerk Haus-Aden zur Braunkohlenzeche Stolzenbach. Ebenfalls treffen Grubenwehrmänner mit Spezialausrüstung von der Betriebsabteilung Technischer-Sonderdienst der Bergbau AG Lippe, in Borken-Stolzenbach ein. Rundfunk und Fernsehen verbreiten die erschütternden Nachrichten, dass bis zum Nachmittag des 02. Juni von den Rettungsmannschaften bereits 35 tote Bergleute entdeckt und zum Teil geborgen seien.

 

Freitag den 03. Juni

Die Suche nach den Vermissten geht konzentriert weiter. Insgesamt 18 Grubenwehrtrupps sowie Gerätewarte und Oberführer bzw. stellvertretende Wehrführer aus dem östlichen Ruhrgebiet sind im Laufe des Tages im Einsatz. Sechs Grubenwehrtrupps vom Bergwerk Minister-Achenbach, drei Trupps vom Bergwerk Radbod und neun Trupps vom Bergwerk Haus-Aden.

 

Samstag den 04. Juni

Nachdem die Grubenwehren in der nach Osten führenden Strecke einen Damm gesetzt hatten und wenigstens die ersten 1000 Meter ohne Kreislaufgeräte bewältigt werden konnten, war es möglich, in der Nacht von Freitag auf Samstag einen Trupp der Grubenwehr Haus-Aden so weit ins Ostfeld vordringen zu lassen, dass sie nach einem fast 2000 Meter langen Weg durch hohe CO-Konzentrationen sechs Bergleute lebend finden konnten, die in einem CO-freien Bereich auf Rettung geharrt hatten. Die Suche nach weiteren Vermissten geht intensiv weiter. Wieder fahren im Laufe des Tages sechs Grubenwehrtrupps von Haus-Aden, sechs von Monopol und drei von Minister-Achenbach ins hessische Borken um ihre Kollegen abzulösen. Die Hoffnung noch weitere Bergleute lebend zu finden erfüllt sich nicht.

 

Sonntag den 05. Juni

Bilanz des Sonntagabend: 45 der insgesamt 57 verunglückten Bergleute konnten bisher nur noch tot geborgen werden. Nach der Bergung von sechs Bergleuten am Samstag geht die Suche nach den restlichen sechs vermissten Bergleuten insbesondere im Nordbereich der Grube, in der die Explosion stattgefunden hat, unvermindert weiter. Wieder sind  sechs Grubenwehrtrupps von Monopol, sechs Trupps von Haus-Aden und drei Trupps von Minister-Achenbach im Einsatz.

 

Montag den 06. Juni

Die Rettungsarbeiten werden durch die hohe CO-Konzentration im Nordbereich der Grube immer schwieriger. Die Grubenwehren finden im Laufe des Tages einen weiteren toten Bergmann. Im Verlauf des 06. Juni  sind in der hessischen Braunkohlengrube Grubenwehrmänner von allen fünf Bergwerken der Bergbau AG Westfalen vor Ort: je drei Trupps von Haus-Aden, Heinrich-Robert, Monopol, Radbod und Minister-Achenbach.

 

Dienstag den 07. Juni

In der Nacht wird ein Bergmann tot entdeckt. Die Hilfeleistung geht unvermindert weiter. Je drei Trupps der Grubenwehren des Bergwerks Minister-Achenbach ( Lünen ) des Bergwerks Westfalen ( Aalen ) des Bergwerks Heinrich-Robert ( Hamm ) und des Bergwerks Consolidation ( Gelsenkirchen ) suchen nach den letzten vier Vermissten.

 

Mittwoch den 08. Juni

In Borken findet die Trauerfeier für die toten Bergleute statt. Unter Tage suchen die Grubenwehren weiter. Die Einsatzleitung der Hauptstelle hat die Last auf mehr Bergwerke verteilt. An diesem 08. Juni sind jeweils zwei Grubenwehrtrupps der Bergwerke Radbod, Ibbenbüren, Westfalen, Heinrich-Robert, Minister-Achenbach und Consolitation auf der Grube Stolzenbach im Einsatz.

 

Donnerstag den 09.Juni

In der Nacht wird ein weiterer Bergmann tot geborgen. Je zwei Trupps von Monopol, Ibbenbüren, Radbod, Consolidation, Westfalen und Heinrich-Robert wechsel sich bei der Suche nach den restlichen drei Vermissten ab.

 

Freitag dem 10. Juni

Wieder sind zwölf Grubenwehrtrupps von der Ruhr in Borken: je zwei Trupps von den Zechen Ewald, General-Blumenthal, Haardt, Hugo, Westerholt und Auguste-Victoria.

 

Samstag den 11. Juni

Die letzten der noch vermissten Bergleute werden tot geborgen. Insgesamt sind 51 Todesopfer zu beklagen. Danach fährt an diesem Samstag nur noch ein Grubenwehrtrupp vom Bergwerk Haardt nach Borken. Die Rettungseinsätze sind zu Ende. Ab Sonntag dem 12. Juni ist täglich nur noch ein Grubenwehrtrupp aus dem Bereich der BAG Lippe zur Begleitung der Behördenvertreter usw. in Borken.

 

 

 

 

 

 

 



 

 

 

 

                                       30 Jahre Grubenunglück von Stolzenbach

                                                                          Gedenkfeier vom 01.06.2018

 

 

 

Film zum Grubenunglück