Die Hauptrettungsstelle Beuthen
" Erste
Hauptrettungsstelle " im deutschen Steinkohlebergbau
Die 79.Sitzung der Knappschaftsberufsgenossenschaft am 26. Juni 1906 stand unter dem Eindruck der Grubenkatastrophe zu Courrieres. Hier gewann der Gedanke für die Errichtung von
Hauptrettungsstellen in den Grubenzentren von Westfalen, Oberschlesien, Sachsen u.s.w. Das Grubenzentrum Oberschlesien hatte bereits am 15. Juni 1906 die Bearbeitung des Projekts einer
Hauptrettungsstelle beschlossen und dieses veranlasst ohne erst die Vorschriften der Bergbehörde abzuwarten. Auf jeder grösseren Grube müsse eine Rettungsstelle mit ausgebildeten Mannschaften
vorhanden sein. Die Finanzierung solcher Rettungsstellen sollte über Darlehen aus dem Reservefond der Knappschafts-Berufsgenossenschaft finanziert werden. Am 4 April 1907 beschloss der Vorstand
der Sektion Oberschlesien, auf Anregung von Bergrat Franz Pieler sen., eine Hauptstelle für das Grubenrettungswesen auf der Heinitzgrube zu errichten und dafür im ersten Jahr 72350 Mark
aufzuwenden. 1908 war die Hauptstelle Beuthen bei der Heinitz-Grube errichtet. Sie war zuständig für das Grubenrettungswesen und technische Zentralstelle für 1304 Rettungsleute des
deutsch-oberschlesischen Kohlengebietes. Die Hauptstelle Beuthen war amtliche Prüfstelle für Gasschutzgeräte und Rettungshilfsgeräte, amtliche Prüfstelle für Stahlzylinder und
Schiessausbildungsstätte. Sie verfügte über Werkstätten und in ihrem chemischen und physikalischen Labor wurden Untersuchungen verschiedenster Art durchgeführt. Angeschlossen war eine
Versuchsstrecke zur Untersuchung von Sprengstoffen und Zündern. Der Betrieb der Hautrettungsstelle diente der Rettungsarbeit und dem täglichen Krankentransport der Werke. Die Hauptrettungsstelle
war Ausbildungsstätte für Oberführer, Führer und Gerätewarte. Ausserdem gab es je einen Schlafsaal für Führer und Mannschaften die ständig in Bereitschaft waren.
Prof. Bergassessor Hans Woltersdorf war der erste Direktor der oberschlesischen Hauptstelle für das Grubenrettungswesen Beuthen und Direktor der oberschlesischen
Versuchsstrecke
Als im Jahr 1908 die Hauptstelle für das Grubenrettungswesen in Beuthen errichtet wurde, bestand bereits eine Rettungsstelle auf der Hohenzollerngrube. Damals verfügte sie nur über 4
Dräger-Injektionsgeräte Modell 1904/09. Die damalige Grubenwehr bestand aus 1 Oberführer, 4 Gruppenfüherer und 19 Grubenwehrleuten.
Um bei einem Grubenunglück schnell auf das jeweilige Bergwerk zu gelangen, suchte der Leiter der Grubenwehr, Hans Woltersdorf, für seine Fahrzeuge ein markantes Zeichen. Er entwarf 1908 das heute
bekannte Grubenwehrzeichen.
Bergassessor Prof. Hans Woltersdorf, Leiter der Hauptstelle für das Rettungswesen in Beuthen, entwarf das markante Abzeichen für die oberschlesische Grubenwehr im Jahr 1908. Es zeigt das rote Malteserkreuz mit schwarzem Schlägel und Eisen auf weissem Grund, umgeben mit dem Symbol deutscher Kraft: Einen Eichenkranz
Armbinde der oberschlesischen Rettungsleute, nach Prof. Woltersdorf
Das Banner der oberschlesischen Grubenwehr
Dienstgebäude der Oberschlesischen Rettungszentrale Beuthen
Prof. Bergassessor D.H. Woltersdorf Direktor der Hauptrettungsstelle Beuthen
Gerätelager der Hauptrettungsstelle Beuthen mit 50 Dräger-Gasschutzgeräten 1929 Dräger-Hefte
Grubenwehrleute der Bereitschaft der Hauptstelle Beuthen 1933 Dräger-Hefte
Hauptrettungsstelle Beuthen, Alarmierte Bereitschaft Dräger-Hefte
Versuchsgrube Beuthen 1914
Der Ausbau des Grubenrettungswesens im Ruhrgebiet hatte schon im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts eine weite Ausdehnung und einen hohen Stand erreicht. Der Verein
für die bergbaulichen Interessen hatte eine Anweisung zur Errichtung und Unterhaltung von Grubenwehren herausgegeben. Es erschien nun jedoch erforderlich, eine zentrale Überwachungs- und
Leitstelle für die Steinkohlenbergwerke des Ruhrbezirks zu schaffen. Unmittelbaren Anlaß dazu gab ein Grubenbrand auf der Blei-Erz-Grube Bliesenbach im Bergrevier Deutz-Ründeroth im März 1909,
bei der die Berufswehr Rheinelbe und Rettungsmannschaften der Zeche Shamrock Hilfe geleistet hatten. Im geschäftsführenden Ausschuß des Zechenverbandes schlug Generaldirektor Jacob von der
Gewerkschaft Deutscher Kaiser am 31. März 1909 die Bildung einer Rettungstruppe vor, die vom Bergbauverein oder von der Berggewerkschaftskasse unterhalten werden und allen Zechen zur
Verfügung stehen sollte. Am 4. Oktober 1909 tagte die vom Bergbauverein eingesetzte Kommission zur Regelung des Rettungswesens unter Vorsitz von Bergrat Lüthgen, dem Generaldirektor der
Bergwerksgesellschaft Dahlbusch. Teilnehmer waren die Bergwerksdirektoren Bergrat Johow, Dr. Hold, Dr. Pattberg und Dr. G. A. Meyer sowie Bergassessor Dr. Forstmann, der die Leitung des
Grubenrettungswesens für den Ruhrbergbau übernehmen sollte. In einer weiteren Sitzung am 19. November 1909 wurden die Aufgaben der Hauptstelle in den Grundzügen festgelegt. Am 1 Juni 1910 erließ
das Oberbergamt in Dortmund eine Bergpolizeiverordnung, die die Bereithaltung von Atmungsapparaten auf jeder selbständigen Schachtanlage forderte. Mit Rundschreiben vom 2. Februar 1910 wurde der
Beschluß den Vereinszechen mitgeteilt und als wichtigste Aufgabe der Hauptstelle die
Überwachung des gesamten Rettungswesens im hiesigen Revier sowohl der Atmungsapparate als auch der damit ausgebildeten Mannschaft bestimmt. Gleichzeitig wurde die Regelung der gegenseitigen
Hilfeleistung mitgeteilt und die Aufstellung eines Rettungsplanes vorgeschlagen. Am 30. Juli 1910 wurde den Zechen die Gründung der Hauptstelle mitgeteilt. Aus der Kommission die die zentrale
Regelung des Rettungswesens und die Gründung der Hauptstelle vorbereitet hatte, wurde der Fachausschuß für das Grubenrettungswesen des Bergbauvereins.
Bergassessor Dr. Ing. Richard Forstmann. Leiter der Hauptstelle für das Grubenrettungswesen in Essen seit 1910
Die Hauptstelle erhielt im Wesentlichen organisatorische und überwachende Aufgaben:
Überwachung der Geräte und Einrichtungen für das Grubenrettungswesen sowie der Grubenwehren.
Ausbildung der Führer und Gerätewarte.
Aufstellung eines einheitlichen Rettungsplanes (Hauptrettungsplan)
Einleitung der Hilfeleistung benachbarter Zechen im Falle eines Grubenunglücks
Untersuchung, Prüfung und Begutachtung neuer Geräte und anderer Einrichtungen des Grubenrettungswesens.
Der Arbeitsbereich der Hauptstelle umfaßt den niederrheinisch-westfälischen Steinkohlenbezirk und erstreckt sich 100 km in ostwestlicher und 40 km in nordsüdlicher
Richtung.
In den ersten Jahren standen der Hauptstelle im Gebäude des Bergbauvereins lediglich ein Büro und ein Keller zur Verfügung. Zwei seit Jahren im Grubenrettungswesen
tätige Männer wurden für die Überwachungstätigkeit eingestellt. Das waren der Reviersteiger Middendorf und der Gerätewart Wulfmeier. Middendorf ist 1922 auf der Zeche Vereinigte Welheim
beim Einsatz der Grubenwehr zur Bekämpfung eines Grubenbrandes tödlich verunglückt.
Bis zum Beginn des ersten Weltkrieges hatte das Grubenrettungswesen unter der richtungsweisenden Tätigkeit der Hauptstelle eine erfreuliche Entwicklung
genommen. Die Zahl der Geräte war 1913 auf 872 Kreislaufgeräte, 257 Schlauchgeräte und 339 Wiederbelebungsgeräte gestiegen. Sie wurden mehrfach nach Explosionen mit Erfolg eingesetzt. In
den ersten Jahren ihrer Tätigkeit trat die Hauptstelle in solchen Fällen auf den Zechen Lothringen, Engelsburg und Minister Achenbach in Aktion und konnte dabei feststellen, daß im Einsatz der
Grubenwehren und Geräte beachtliche Fortschritte erzielt worden waren. Infolge der Unvollkommenheiten waren Unfälle im Gerät leider nicht zu vermeiden.
Der erste Weltkrieg und besonders die Ruhrbesetzung durch die Franzosen und Belgier 1923 brachten starke Rückschläge für das Grubenrettungswesen des Ruhrgebietes.
Die Instandhaltung der Geräte wurde behindert durch den Mangel an Rohstoffen und damit an Ersatzteilen. Anderseits hat der Krieg einen Anstoß zur weiteren Entwicklung des Gasschutzes gegeben.
Während bis dahin Gasschutzgeräte fast nur im Bergbau und bei Feuerwehren benutzt wurden, brachte der Krieg einen großen Bedarf an Gasschutzmitteln mit sich. Neben
Generationsgeräten für kurze Gebrauchsdauer wurden aus primitiven Anfängen heraus Filtergeräte mit Maskenatmung zu brauchbaren Geräten entwickelt.
Das erste Dienstgebäude in Essen 1921
Ein zunächst geplanter Neubau wurde zurückgestellt und im Mai 1921 das Haus an der Rellinghauserstrasse 118 in Essen bezogen. In den oberen Stockwerken wohnten die
Angestellten der Hauptstelle. Das Erdgeschoß enthielt Büro und Lagerräume. In einem Hintergebäude war die 300m lange, hufeisenförmige Übungsstrecke mit einem Beobachtungsraum in der
Mitte untergebracht. Im neuen Haus verstärkte die Hauptstelle nunmehr die Untersuchungen der Gasschutzgeräte und befaßte sich besonders auch mit der Entwicklung und Beschaffung geeigneter
Prüfeinrichtungen für diese Geräte. Im Jahr 1922 waren sämtliche 245 Schachtanlagen des Reviers an die Hauptstelle angeschlossen. Nach der Ruhrbesetzung durch französische und belgische Truppen
und abklingen der Inflation begann ein erfolgreicher Zeitabschnitt des Grubenrettungswesens. Die Hauptstelle konnte daran gehen, über die Prüfung neuer Gasschutzgeräte hinaus, planmäßige
Untersuchungen und Entwicklungsarbeiten auf wissenschaftlicher Grundlage über die an die Geräte und ihre Einzelteile zu stellenden Anforderungen durchzuführen. Es ist in
Vergessenheit geraten das alles dies, damals weitgehend Neuland war. Die geringen Hilfsmittel mußten in eigener Arbeit und Erprobung
entwickelt und gebaut werden. Zunächst wurden die Strömungs und Widerstandsverhältnisse in den Geräten sowie die Arbeitsweise und der Widerstand der Alkalipatrone
untersucht. Die wichtigsten Erkenntnisse dieser Versuche betrafen den Atemwiderstand der Kreislaufgeräte und die Arbeitsweise der Patronen. Dem Widerstand hatte man zu wenig Beachtung geschenkt,
weil man den Luftumlauf durch den Injektor für gesichert hielt. Auch war die Widerstandszunahme der Patrone durch das Aufquellen der Alkalifüllung übersehen worden. Den Luftwegen des Kreislaufs
mußten größere Querschnitte gegeben und die Patronen verbessert werden.
Übungshaus der Haupstelle für das rheinisch-wesrfälische-Grubenrettungswesen in Essen 1922
25 jähriges Bestehen der Hauptstelle für das Grubenrettungswesen in Essen-Ruhr
Im 25. Jahr ihres Bestehens, Anfang 1935, waren der Hauptstelle angeschlossen 160 Schachtanlagen und 79 Kokereien bzw. Nebengewinnanlagen
deren Zahl im Laufe des Jahres wegen der Wiederinbetriebnahme stillgelegter Betriebe auf 85 stieg. Von den Beamten der Hauptstelle wurden in diesem Jahr, ähnlich wie im den Vorjahren auf den
Gruben 581 Revisionen der Gasschutzgeräte durchgeführt. Ausserdem fanden 141 Prüfungen der Gasschutzeinrichtungen der Kokereien und Nebengewinnanlagen statt. Übungen von Grubenwehren und
Gasschutzwehren wurden in 146 Fällen überwacht. Die Zahl der abgehaltenen Gasschutzkurse belief sich auf 18 mit einwöchiger Dauer. Sie wurden von 205 Führern und Gerätewarten besucht. Die
Grubenwehren wurden in 16 Ernstfällen mit Gasschutzgeräten eingesetzt. In 3 Fällen wurden die Geräte zur Bergung von Menschen verwendet, im übrigen handelte es sich um 10 Flözbrände, 1
Streckenbrand und 2 Fälle des Austretens von Brandgasen durch Undichtwerden der Dämme. Wiederbelebungsversuche wurden in 13 Fällen ausgeführt. Von den 13 Verunglückten konnten 3 wiederbelebt
werden. Auf den der Hauptstelle angeschlossenen Zechen des Oberbergamtsbezirks Dortmund waren im Jahre 1935 ungefähr 3500 ausgebildete Grubenwehrmannschaften vorhanden. Dazu kommen noch 1000
Angehörige von Gasschutzwehren der Kokereien und Nebengewinnungsanlage. Die Zahl der Gerätewarte beläuft sich auf rd. 300. Alle Gruben besitzen eigene freiwillige Wehren, einige ausserdem
Berufsfeuerwehren die gleichzeitig im Gasschutz für unter Tage ausgebildet und jederzeit alarmbereit sind. Die Wehren gliedern sich in Gruppen die aus einem Führer und vier Mann bestehen. Für das
gesamte Rettungswesen ist ein Oberführer verantwortlich. Ein Gerätewart sorgt für Instandhaltung der Apparate. Die Mitglieder der Wehr müssen mindestens 21 Jahre und dürfen höchstens 49 Jahre alt
sein. Nachdem ärztliche Untersuchungen der Nachkriegszeit ergeben hatten dass teilweise 25% bis 30% der Rettungsleute dem anstrengenden Rettungsdienst nicht gewachsen waren, erfolgte die
Vorschrift einer genauen ärztlichen Untersuchung auf Grund eines von der Hauptstelle ausgearbeiteten Vordrucks. Sie ist in bestimmten Zeitabständen zu wiederholen, durch sie muss die völlige
körperliche Tauglichkeit nachgewiesen werden. Die Ausbildung erfolgt in Gestalt einmaliger Lehrgänge, deren Dauer für Führer und Gerätewarte 1 Woche beträgt. Ausserdem finden auf den Zechen
regelmässige Übungen statt, deren Zahl auf jährlich mindestens 5 zweistündige Übungen mit Gasschutzgeräten im Rauch festgesetzt ist. Zur Ermöglichung dieser Übungen besitzen die Zechen besondere
Gasschutzgerätelager und Übungsräume die den untertage Verhältnissen nachgebildet sind und in denen Rauch erzeugt werden kann. Die Hauptstelle bildet jährlich rd. 250 Rettungsleute aus. Bei einem
Grubenunglück erfolgt sofort die Alarmierung der eigenen Truppe deren Angehörige nach möglichkeit in der Nähe der Zeche wohnen, sie sind daher schnell durch boten, Fernsprecher oder Signal zu
erreichen.
Der zweite Weltkrieg beeinträchtigte zunächst die Arbeit der Hauptstelle und das
Grubenrettungswesen nicht in dem Maße wie der erste Weltkrieg, brachte aber für die Hauptstelle im letzten Kriegsjahr und durch seine Nachwirkungen einschneidende Veränderungen mit sich. Dipl.-
Ing. Bredenbruch, seit 1936 bei der Hauptstelle tätig, übernahm 1943 die Führung einer aus 250 Grubenwehrmännern aller deutschen Bergbaureviere zusammengestellte Bergungsabteilung, die nach
Fliegerangriffen zur Rettung Verschütteter und daneben zum Bau von Luftschutzstollen eingesetzt wurde. Bis zum Kriegsende hat die Abteilung 3000 Menschen lebend aus durch Bomben
zerstörte Häusern und Luftschutzstollen und 30000 Tote geborgen. In den ersten Kriegsjahren
arbeitete die Hauptstelle vor allem an der Verbesserung der Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Grubenbränden. Dazu dienten Versuche zum Abdämmen von Bränden mit Glaswolle und die
Erprobung einer Pumpe zum Verschlämmen von Bränden. Eine Explosion am 03.11.1940 auf der Schachtanlage Hannover mit anschließendem Grubenbrand den Fachausschuß für das Grubenrettungswesen,
Maßnahmen zur Brandbekämpfung, wie Aufstellung eines Brandschutzplanes und Verlegung ausreichender Wasserleitungen auf allen Sohlen zu verlangen. 1941 begann die Hauptstelle mit Lehrgängen
für Brandsteiger über Verhütung von Grubenbränden, Einbau und Überwachung von Wasserleitungen und Feuerlöscheinrichtungen und Geräten. Die praktische Grubenrettungstätigkeit während des Krieges
bestand vor allem in Einsätzen bei einer erhöhten Zahl von Grubenbränden und auch nach Explosionen. Bandstreckenbrände nahmen weiter zu und forderten viele Opfer. Schwere Explosionen mit einer
größeren Zahl von Verunglückten ereigneten sich auf den Zechen Hansa, König Ludwig, Zollverein, Bruchstrasse, Fritz Heinrich, Dahlbusch, Sachsen und Grimberg. Auf Grimberg wurde der Lüfter durch
Bomben beschädigt. Infolge unzulänglicher Bewetterung konnten sich Schlagwetter ansammeln, die vermutlich durch verbotswidriges Rauchen entzündet wurden. Insgesamt sind für die Jahre 1940 bis
1945, 258 Einsätze von Grubenwehren verzeichnet. 13 davon entfallen auf Explosionen, 235 auf Bekämpfung von Grubenbränden und 10 auf Vorgehen in matten Wettern. In 36 Fällen erfolgte der
Einsatz zur Bergung von Menschen, wobei unter Verwendung von Gasschutzgeräten 353 Bergleute gerettet wurden, davon alleine 264 beim Schachtbrand der Zeche Kaiserstuhl. Bei diesen Einsätzen
ereigneten sich 29 Unfälle, von denen 14 tödlich verliefen. Alleine 9 wurden durch Sprechen oder Nebenher atmen neben dem Mundstück verursacht, 4 durch undichten Anschluß der Maske und mehrere
durch Wärmestauung beim Vorgehen in feuchtwarmen Wettern. Die Hauptstelle gab deshalb die Empfehlung heraus, bei Temperaturen über 35° Grad die Einsatzdauer auf eine Stunde zu
begrenzen.
Die Verschärfung des Luftkrieges von 1943 an beeinträchtigte zunehmend das Grubenrettungswesen und die Tätigkeit der Hauptstelle. Vielfach wurde die Ausrüstung der
Grubenwehren luftschutzsicher unter Tage gelagert. Das Bereitschaftslager in der Nähe der Hauptstelle wurde schon im März 1943 von Brandbomben getroffen, dabei wurden das Gebäude und das Material
vollständig vernichtet.
Die Hauptstelle begann nach Einstellung der Kampfhandlungen die Verbindung zu den Betrieben herzustellen. Auch mußte sich eine neue
Arbeitsmöglichkeit für die Hauptstelle finden. Im stark beschädigten Gebäude des Bergbauvereins wurde eine Meldestelle notdürftig eingerichtet. Um den Materialmangel abzuhelfen, ließ die
Hauptstelle im Juli 1945 durch Lastwagen, neue Geräte, Ersatzteile und Alkalipatronen von der Firma Dräger aus Lübeck holen. Die Betriebe der Auergesellschaft in Berlin waren durch
Fliegerangriffe zerstört oder demontiert und lagen zudem in der sowjetischen Besatzungszone. Dank den Bemühungen der Hauptstelle konnten die Grubenrettungsstellen des Ruhrgebietes bis zum Herbst
1945 wieder einsatzfähig werden. Die weitere Sorge galt der dringlich gewordenen Wiederaufnahme der Ausbildungstätigkeit. Die Bergwerksgesellschaft Hibernia AG stellte die Grubenrettungsstelle
der Zeche General Blumenthal in Recklinghausen zur Verfügung. Dorthin wurden Geräte und Unterrichtsmaterial aus der Ausweichstelle gebracht und im Oktober 1945 konnten die ersten Lehrgänge für
Führer und Gerätewarte wieder beginnen. Ende 1945 waren der Hauptstelle 157 Gruben angeschlossen. Von 90 Kokereien lagen 12 still, 26 konnten ihren Betrieb wegen Kohlenmangels noch
nicht wiederaufnehmen. In diesem Jahr kam es zu 35 Einsätzen der Grubenwehren, davon 6 bei Bandstreckenbränden. Die Bekämpfung von Bränden wurde nach dem Kriege durch schwierige
Materialbeschaffung stark behindert. Die Hauptstelle bemühte sich daher um die Wiedereinrichtung eines Bereitschaftslagers, das auf der Zeche Friedrich der Große in Herne untergebracht wurde.
Eine Anzahl von Pumpen für das Verschlämmen von Bränden und das Verpressen von Branddämmen bedeutete eine erhebliche Bereicherung. Mit Unterstützung der NGCC ( North German Coal Control
Group ) beschaffte die Hauptstelle Sandsäcke, von denen jede Zeche 2000 Stück erhielt. Ein Laboratoriumsraum für die Wiederaufnahme der gasschutztechnischen Untersuchungen
zur Entwicklung und Prüfung neuer Gasschutzgeräte konnte in der Dienststelle erst 1947 wieder hergerichtet werden.
Das Unglück auf Grimberg gab dem Fachausschuß für das Grubenrettungswesen Anlaß, die Entwicklung eines Selbstretters zu fordern. Bei diesem Unglück sind viele
Bergleute in einem von der Explosion nicht direkt betroffenen Feldesteil auf der Flucht in Nachschwaden der Explosion und in Brandschwaden einer CO-Vergiftung erlegen. Die Arbeiten zur
Entwicklung solcher Geräte stellten der Hauptstelle neue Aufgaben. Darüber hinaus mußten Alkalipatronen und Prüfgeräte für Gasschutzgeräte erprobt und neue Desinfektionsmittel untersucht
werden. Im Jahre 1947 erhielt das Laboratorium gasanalytische Einrichtungen für die Untersuchung von Brandwetterproben. Die zentrale Untersuchung solcher Proben war notwendig, um unter
einheitlichen Gesichtspunkten weitere Erfahrungen über Feststellung von Grubenbränden und ihre Ausbreitung zu sammeln. Im Zuge dieser Entwicklung bemühte sich die Hauptstelle um Beschaffung
und Entwicklung brauchbarer Analysengeräte sowie von CH4 -Schreibern für die Überwachung der Schlagwettergefahr beim Abdämmen von Grubenbränden und Lüften von Brandfeldern. In
den fünf Jahren von 1946 bis 1950 ereigneten sich 14 Unfälle in Gasschutzgeräten, von denen 3 tödlich verliefen.
Eine Anstecknadel für die Mitglieder der Grubenwehren nach dem Muster der oberschlesischen Nadel hatte die Hauptstelle bereits 1936 mit Zustimmung des
Fachausschusses eingeführt. Rotes Johanniterkreuz und darüber gekreuzt Schlägel und Eisen auf weißem Grund bilden das Abzeichen. Um der Anerkennung für die oft anstrengende und nicht gefahrlose
Arbeit und den selbstlosen Einsatz Ausdruck zu geben, hat der Fachausschuß 1949 auf Vorschlag der Hauptstelle seine Zustimmung gegeben, daß Grubenwehrnadeln mit silbernem und goldenem
Kranz nebst Urkunde den Mitgliedern der Grubenwehren nach 15 und 25 jähriger Zugehörigkeit überreicht werden.
Das neue Dienstgebäude der Hauptstelle für das Grubenrettungswesen in Essen - Kray
Die ständig wachsenden Aufgaben der Hauptstelle ließen den Wunsch nach einem eigenen Heim mit ausreichendem Platz für Forschung und Entwicklungsarbeiten immer dringlicher werden. In den ersten Kriegsjahren plante der Bergbauverein den Bau einer Versuchsanstalt am Ruhrschnellweg im Stadtteil Essen-Kray. Hier bot sich auch das Gelände für einen Neubau der Hauptstelle. Den ersten Spatenstich machte am 28. July 1950 der erste Leiter der Hauptstelle, Bergassessor Dr. Ing. Forstmann, der Richtkranz wurde am 23. Dezember 1950 gesetzt und der Dienstbetrieb am 30. August 1952 in das Gebäude verlegt. Am 6. Oktober 1952 begann die Ausbildungstätigkeit im neuen Gebäude.
Die Laboratoriumsarbeiten haben unter den Aufgaben der neuen Hauptstelle einen großen Umfang angenommen. Das gasanalytische Laboratorium untersucht Brandgasproben, das Gasschutzlaboratorium ist
für die Untersuchung und Zulassungsprüfung von Gasschutzgeräten, Alkalipatronen und Filtern zuständig. Weitere Laboratorien sind für die Untersuchung von CO-Filter-Selbstrettern und für das
Prüfen von Feuerlöschgeräten vorhanden. Es hat sich als erforderlich erwiesen, die Verpreßpumpen, die aus dem Bereitschaftslager an Zechen ausgeliehen werden, nach Rückkehr auf ihre
Förderleistung zu prüfen, zu überholen und wieder instand zu setzen. Auch hierfür sind die entsprechenden Einrichtungen vorgesehen.
Der Hilfeleistungsplan für das Grubenrettungswesen auf den Steinkohlenbergwerken im Verwaltungsbezirk des Oberbergamts Dortmund (Hauptrettungsplan) wurde überarbeitet. Im Auftrag des
Fachausschusses stellte ein Arbeitskreis " Sonderhinweise für die Werksleitung bei einem schweren Grubenunglück" auf. Neu bearbeitet wurden die Bestimmungen für das Grubenrettungswesen. Neu für
das Grubenrettungswesen waren Bestimmungen über die Stärke der Wehren, die der Größe und dem Gefahrencharakter der Betriebe entsprechen. Vor der Bearbeitung dieser Bestimmungen war auf
Veranlassung des Fachausschusses ein neuer Vordruck " Gesundheitszeugnis für Grubenwehrmitglieder " aufgestellt worden. Von nun an muß die Herztätigkeit durch ein Elektrokardiogramm
untersucht und die Lunge geröntgt werden. Nach den so verschärften Untersuchungen mußte ein Teil der Wehrmitglieder ausscheiden.
Der Ausbildungsplan erfuhr in den folgenden Jahren Erweiterungen. Die Lehrgänge wurden spezialisiert auf Brandsteiger, Feuerlöschgerätewarte, Sachbearbeiter, Ausbilder und Gerätewarte für
Selbstretter.
In den Jahren 1950 bis 1959 fallen 492 von der Hauptstelle betreute Einsätze von Grubenwehren. 25 galten der Bergung gefährdeter Verunglückter, 393 der Grubenbrandbekämpfung, 31 dem Öffnen von
Brandfeldern. Dazu kamen 7 Grubenexplosionen. Bei den 25 Einsätzen zur Bergung von Menschen sind 73 Bergleute lebend mit Gerät und 77 lebend ohne Gerät geborgen worden. Von den in dieser Zeit
fallenden Bränden waren 270 verdeckte Brände, 52 Firstenbrände, 46 Streckenbrände, 17 Bandstreckenbrände, 4 Schachtbrände, 2 Blindschachtbrände und 2 offene Strebbrände. Mit Selbstrettern konnten
sich 1954 zum ersten Mal 7 Bergleute der Zeche Shamrock aus Brandgasen in Sicherheit bringen. Bis 1959 sind insgesamt bei 29 Fällen Selbstretter von 505 Bergleuten angelegt
worden.
Die Ausstattung der Grubenwehren mit Gasschutzgeräten ist nach dem Krieg vervollständigt worden. Den Grundstock bildeten nach wie vor die in den dreißiger Jahren entwickelten Zweistundengeräte
mit 300 Liter Sauerstoffvorrat. Die Entwicklungsarbeiten an den ersten Geräten mit längerer Gebrauchsdauer und an Selbstretter waren bis Ende 1948 abgeschlossen. Der Fachausschuß ließ im
Jahr darauf für das Ruhrgebiet 30 Geräte anschaffen, die auf die Zechen Heinrich Robert, Friedrich Thyssen 1/6, und die Berufswehr Rheinelbe verteilt wurden. Die Einführung der
Langstreckengeräte machte schnelle Fortschritte. 1955 gab es bereits 709 Geräte in den Betrieben. An 300 Liter Geräte besaßen die Zechen 1905 Stück. Es folgte von 1956 an die Entwicklung von
Geräten mit einer Gebrauchsdauer von vier Stunden. Daneben nahm die Hauptstelle die Entwicklungsarbeiten von Bergungsgeräten für die Bergung Verunglückter aus giftigen und sauerstoffarmen Wettern
wieder auf. Als Wiederbelebungsgerät wurden der Biomotor für die Verwendung unter Tage umgestaltet und der Pulmotor des Drägerwerkes verbessert. Als Tornister-Pulmotor hat er bei den Grubenwehren
Eingang gefunden. Nicht nur im Ruhrgebiet kamen wiederholt tödliche Unfälle durch Wärmestauung vor. Deshalb arbeitete die Hauptstelle gemeinsam mit dem Oberbergamt in Dortmund " Richtlinien
für den Einsatz von Grubenwehren in Grubenbauen mit feuchtwarmen Wettern " aus.
Für möglichst schnelle Alarmierung der Grubenwehr wurde auf Anregung der Zeche Heinrich-Robert mit der Hauptstelle eine Ultrakurzwellen-Alarmanlage entwickelt. Der Sender steht auf einem hohen
Gebäude der Zeche, die Empfänger bei den einzelnen Mitgliedern der Grubenwehren. Die erste Anlage dieser Art wurde 1954 installiert. 1955 waren bereits sieben Anlagen auf verschiedenen Zechen in
Betrieb.
Der Bericht der Hauptstelle über das Grubenunglück auf der Zeche Grimberg im Jahre 1946 hatte beim Fachausschuß die Forderung nach einem Bergbau-Gasschutzgerät mit längerer Gebrauchsdauer
ausgelöst. Das Gerät wurde zum ersten Male im Oktober 1947 auf der Bergbauausstellung in Essen gezeigt. Es konnte nach Anerkennung durch den Fachausschuß vom Oberbergamt und der Hauptstelle am
17. Juni 1947 für die Verwendung freigegeben werden. Zunächst allerdings nur für Sondereinsätze unter Zustimmung der Hauptstelle. Der Deutsche Ausschuß für das Grubenrettungswesen erklärte
das Gerät unter der Bezeichnung Dräger-Bergbaugerät, Modell BG 170/400, am 6 Juni 1952 endgültig für allgemein brauchbar. Die Gebrauchszeit des Gerätes richtete sich nach der Schwere der zu
verrichtenden Arbeit. Bei normalen Arbeitseinsätzen beträgt sie 6. Stunden. Dem Wunsch der Praxis nach einem einfachen Gerät folgend entwickelte das Drägerwerk im Jahre 1956 in Verbindung mit der
Hauptstelle das Dräger-Bergbaugerät, Modell BG 172. Das Gerät stellte eine Weiterentwicklung des bewährten Bergbaugerätes 160 A dar.
Für schnelle behelfsmäßige Abdämmung von Bränden hatte die Hauptstelle Essen bereits kurz nach dem Krieg die Brauchbarkeit aufblasbarer Gummisäcke untersucht. Sie veranlaßte ferner den Bau eines
Schnellmischers zur Herstellung einer Gesteinstaub-Zementtrübe für Verpreßarbeiten. Einfache Blaskanonen zum Einblasen von Bergepfropfen, Verpreßpumpen mit höherem Druck, ein auf Branddämme oder
Gebirgsstöße aufzuspritzendes Abdichtungsmittel sind Ergebnisse von Entwicklungsarbeiten der Hauptstelle. Aus der Zusammenarbeit mit der Industrie ging ein Gerät hervor, das mit Druckluft eine
Lösung verschäumt und dem Luftschaum eine Kunstharzlösung zusetzt. Der fest werdende Schaum dient zum Ausfüllen von Hohlräumen in der Firste und Stößen und beim Abdämmen. Dazu kommen zahlreiche
andere von der Hauptstelle veranlaßte Neuerungen. Ein Gerät zur Entnahme von Wetterproben aus tiefen Schächten, Überwachungsgeräte für die Wetter-und Druckverhältnisse hinter Branddämmen und
Flammschutzanzüge für Grubenwehren.